„Hi, na Anfang Mai schon was vor? Ich suche noch jemanden für mein Supportteam für das Rennen ‘Race across italy‘.“ Mit diesem Satz begann im Herbst 2024 der Roadtrip für mich. Ab da wurde ich gebrieft, eingeweiht und mit Erfahrungen aus früheren Rennen ausgestattet. Und ehe man sich versah, war es Dienstagabend der 29.April 2025 – unserem Start nach Italien zum großen Rennen.
Unser Trip begann mit einem ausgiebigen Essen schwäbischer Spezialitäten; gschmälzde Mauldäschle und Käässpätzle, als mich Stefan, Michael und Daniel abholten. Dass das Essen noch eine zentrale Rolle spielen sollte, hätte mir eigtl. nach Stefans Aussage „hauptsach gut gess“ klar sein sollen.
Gestärkt ging es los in die Nacht, in das ca. 1200km entfernte Silvi. Wir wechselten uns mit dem Fahren ab, sodass wir nur mit kleinen Päuschen gespickt komplett durchfahren konnten. Als Morgens gegen 7 Uhr die Sonne aufging, spürte man bereits die Kraft der italienischen Sonne. Gegen 10:30Uhr als wir ankamen und sahen, dass das Haus direkt am Meer lag, kam für einen kurzen Moment ein entspanntes Urlaubsfeeling bei uns allen auf. Das Auto wurde ausgeladen, die Zimmer bezogen und nach verschiedensten Tagesaktivitäten, wurde der Tag mit einer Erfrischung im Meer beendet.
Donnerstag ging es dann schon langsam los. Mit einer großen Pfanne Omelette starteten wir in den Tag, um danach frisch gestärkt zur Anmeldung zu fahren. Dies belohnten wir mit einer sehr leckeren Portion Eis. Daniel und Michael bereiteten schon mal einiges vor und beluden das Auto so taktisch als möglich, um während dem Rennen alles griffbereit zu haben. Stefan optimierte noch ein paar Sachen an seinen Rädern, dann kam eine weitere wichtige Sache. Das Lamm, welches Stefan extra von daheim mitgebracht hatte, wurde zum langsamen Schmoren vorbereitet und in den Backofen geschoben. Die Schmorzeit nutzten wir dann für das Briefing am Startberg, wo außerdem auch frühere Rennfahrer und Ehrengäste begrüßt und alle Anwesenden vom Pfarrer gesegnet wurden.
Der krönende Abschluss war ein leckerer Lammschmorbraten, um Stefan und uns nochmal Kraft und Energie für die nächsten Tage zu liefern.
Der Tag des Rennens startete bewusst entspannt, um die Energie und den Fokus auf die bevorstehenden 37h zu legen – das war Stefans persönliches Zeitlimit.
Der Start um 11:40 Uhr verlief reibungslos und Stefan startete in die bevorstehenden 770 km, mit insg. 10.500 Höhenmetern, ohne zu wissen, was ihn und uns erwarten wird – aber mit dem festen Willen nach spätestens 36:59Std. wieder hier im Ziel zu sein.
Die ersten Stunden verliefen reibungslos. Nach zuvor festgelegten Etappen tauschten wir immer auf das jeweils notwendige Fahrrad, Stefan machte seine taktischen Pausen und wir genossen zusammen das schöne landschaftliche Panorama, welches Italien zu bieten hatte. (Bilder)
Aber was wäre es für ein Rennen, wenn Herausforderungen ausbleiben.
Die Infrastruktur in den ländlichen Gegenden, sowie die Tatsache, dass wir auf keinen abgesperrten Strecken, sondern im öffentlichen Straßenverkehr fuhren zeigte sich, als Tankstellen auf der Strecke entweder mit unzähligen Motorrädern überfüllt oder einfach keine Tankstellen mehr waren. Um gleichzeitig Stefan nicht zu sehr aus den Augen zu verlieren, war es ein emotionales Ringen für uns, zwischen Notwenigkeit des Tankens und Supportverantwortung gegenüber Stefan. Letztendlich verloren wir das Ringen und der Durst unseres treuen Busses trat eindeutig in den Vordergrund. Wir mussten uns von Stefan trennen, um eine etwas abseits gelegene Tankstelle anzufahren, welche noch in unserer Reichweite lag. Stefans Sportgeist zeigte sich hier wieder in besonderem Maße. Er nahm sich Riegel, Getränke und einen Quetschi, um für alles gerüstet zu sein, bis wir später wieder zu ihm stoßen würden und fuhr fokussiert weiter, ohne diesen Vorfall mental an sich heranzulassen.
Nun fuhren wir auf Straßen, die teilweise nicht für Fahrzeuge unserer Art vorgesehen sein konnten, selbst ein Rennen gegen die Zeit, was einen gewissen Rallycharakter zutage führte. Und wie es nach Gesetzt Murphy so ist, bekam Stefan bei dieser einzigen Situation kurzer Abwesenheit unsererseits natürlich einen Plattfuß. Nun wurde alles unter Beachtung von Verkehrsregeln und anderen Verkehrsteilnehmern aus dem Bus herausgeholt. Und als wir auf dem Tracker sahen, dass Stefan nicht mehr weit vor uns war, stand ein anderer Teilnehmer (unsupported) mit seinem Fahrrad am Straßenrand und winkte uns zu, da er Hilfe benötigte. Eine Blase am Vorderrad zwang diesen Fahrer zu einem Stop, da durch stundenlanges Fahren seine Hände taub und verkrampft waren und er somit nicht in der Lage war selbst etwas zu reparieren. Michael unser Mechaniker handelte entschlossen und stieg mit allem notwendigen Werkzeug aus mit der Ansage „Fahrt weiter, bringt Stefan sein Ersatzfahrrad und holt mich dann wieder ab.“ Gesagt getan!
Nach so viel Aktion, konnten wir uns nun erstmal wieder hinter Stefan hängen, die Gedanken sortieren und auch selbst wieder mental sammeln. Denn auch von unserer Seite aus war es wichtig mit den Ressourcen vernünftig zu haushalten, um Stefan bis zum Ende zur Seite stehen zu können. Am Abend wurde dann, um keine weitere Zeit zu verlieren, der Bus zur mobilen Werkstatt umfunktioniert und Michael kümmerte sich um den defekten Reifen. Dank der italienischen Straßenbedingungen kam dies dem Beispiel, ein Fahrrad in einer Achterbahn zu reparieren, gleich.
Doch mit der Zeit, machte sich die lange und kräftezehrende Zeit bemerkbar. Der letzte große Anstieg zum dritten und letzten Checkpoint, forderte nochmal alles von Stefan ab. Mit ca. 600km in den Beinen und 30 Std. ohne Schlaf, war dieser Berg ein absoluter Endgegner. Selbst in frischem Zustand ist dieser Berg nicht für jeden Radfahrer geeignet. Und so geschah es dann auch, dass Stefan auf die Schnelle ohne seinen Tracker und Reflektorengurt losfuhr, um die letzte Etappe in Angriff zu nehmen. Eine geschlossene Eisenbahnschranke war in diesem Fall Fluch und Segen zugleich. Es dauerte einige Minuten bis eine alte Bimmelbahn vorbeifuhr und wir nutzten die Zeit, um alles in Ruhe auf Vordermann zu bringen. Ab hier konnte Stefan zeigen, wie sich das physische und mentale Training auszahlte. Ein anderer Rennfahrer schloss an der Schranke auf und beide fuhren gleichzeitig los. Doch Stefan hatte sich seine Reserven gut eingeteilt und so gewann er schnell an Vorsprung und hatte im Ziel die Nase um knapp 40km vorne.
Die letzte Etappe war für uns als Supportteam eine schöne und am Ende nochmal spannende Zeit. In die untergehende Sonne zu fahren, einen Streckenabschnitt an der Küste fahrend und einen scheinbar unermüdlichen Stefan vor sich sehend, war es eine wahre Freude. Auf den letzten Kilometern wart ihr Fans auch eine riesige Stütze. Die Zusprüche, Motivation und Anteilnahme war unglaublich…über Funk informierten wir Stefan immer darüber, was ihn unglaublich pushte und das Letzte aus ihm rausholte, wie er später erzählte – darum vielen Dank dafür auch von unserer Seite!
Alle zusammen konnten wir so Stefan supporten und dafür sorgen, dass er seine Zielvorgabe von 37 Stunden unterschritten hat und somit die Qualifikation für das Race across America erreicht hat. Ob er dies allerdings auch als Anlass nimmt den großen Teich zu überqueren…man wird sehen.
Natürlich waren in dieser Erzählung nur die größten Highlights und spannendsten Momente enthalten. Insgesamt war es eine großartige Erfahrung und hat auf vielen Ebenen dafür gesorgt, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, tolle Menschen kennen zu lernen und ein Abenteuer zu erleben, welches ich nie vergessen werde. Um Euch an der gesamten Geschichte auch teilhaben lassen zu können, werden Bilder am besten sprechen können. Darum schaut euch gerne noch die nachfolgenden Bilder an und genießt in Gedanken das Bella Italia – Ciao Rolf.